Hypochondrie: Bin ich ein Hypochonder?

Hypochondrie oder der eingebildete Kranke?

Schon der französische Literat Moliere beschrieb in seinem im Jahre 1673 uraufgeführten Werk „der eingebildet Kranke – eine Komödie in drei Akten“ einen klassischen Fall von Hypochondrie. Es geht in dem Theaterstück um den Hypochonder mit Namen Agran. Der Protagonist ist völlig besessen von eingebildeten Krankheiten und Konsultationen mit Ärzten, die diese Besessenheit schon lange für ihre eigenen finanziellen Interessen ausnutzen. Er verfolgt völlig absurden und vom Autor sehr übersteigert dargestellten Indikationen der Mediziner. Seine Wahnvorstellung davon, ernsthaft krank zu sein macht Agran radikal unbelehrbar für seine Umwelt. Hier findet sich auch geschickt dargestellt ein erstes Anzeichen für die Beschaffenheit von Hypochondrie als psychische Erkrankung: Die Ratio des Helden ist, ohne dass er darauf Einfluss nehmen kann, völlig ausgeschaltet.
Dieses bekannte französische Werk der Literatur weist darauf hin, dass das Phänomen der eingebildeten Krankheiten wohl schon lange bekannt ist. Aber was genau ist Hypochondrie und welche Merkmale gibt es?

Hypochondrie
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Welche Gründe beziehungsweise Differenzialdiagnosen sind bekannt? Welche Formen der Krankheit werden in der Medizin unterschieden und wie kann ich feststellen, ob ich eventuell auch ein Hypochonder bin?

Was ist Hypochondrie?

Bei Hypochondrie handelt es sich um eine als solche klassifizierte psychische Störung, bei der die konkrete Einbildung einer Krankheit vorliegt. Die Wahrnehmung der Betroffenen ist insofern beeinflusst, als das sie scheinbare körperliche Anzeichen als Beweis für die vorhandene Krankheit deuten und sich so für sich eine Realität aufbauen, die eine Krankheitsgeschichte „erfindet“, aber für die darunter Leidenden real ist. Sie identifizieren sich in dem Maße mit ihrer spezifischen Krankheit, dass sie nicht selten einen oder mehrere Ärzte aufsuchen, welche die von ihnen selbst als wahr empfundene Diagnose dann bestätigen sollen.

Hypochondrie Symptome

Es gibt drei verschiedene Merkmale von Hypochondrie, die aufeinander aufbauen.
Ein erstes grundsätzliches Anzeichen dafür, ob jemand an Hypochondrie leidet, ist zunächst eine sehr intensive Beschäftigung mit dem eigenen Körper und der Überprüfung seiner Funktionen auf „Richtigkeit“. Abweichungen vom optimalen Zustand werden als extrem kritisch angesehen. Darüber hinaus ist eine übersteigerte Angst vorhanden, an bestimmten Krankheiten zu leiden beziehungsweise diese zu bekommen. Im weiteren Verlauf bildet sich der Betroffene meist eine spezifische Krankheit oder auch ein Symptom ein und erweist sich nach einer Aufklärung durch den Arzt, der ihm die körperliche Krankheit abspricht, als jeder Beratung gegenüber resistent.

Obwohl er also in den meisten Fällen und vor allem am Anfang der psychischen Krankheit Hypochondrie von der medizinischen Seite her überzeugt wird, dass er körperlich völlig gesund ist beziehungsweise nicht an der spezifischen Krankheit leidet, die er sich einbildet, weicht der Betroffene nicht davon ab. Ein Realitätsverlust liegt vor, der von den Betroffenen nicht gesehen beziehungsweise kontrolliert werden kann.

Gründe für das Auftreten der Krankheit

Das Auftreten von Hypochondrie kann mehrere Gründe haben. Zum einen gibt es Diagnosen, die sich auf andere psychische Störungen berufen wie beispielsweise eine Verbindung von Hypochondrie und Zwangsstörungen oder Schizophrenie. Auch depressive Störungen oder Traumata können Hypochondrie auslösen oder diese können als Begleiterscheinung beobachtet werden. Daneben gibt es weitere sogenannte Differenzialdiagnosen in Bezug auf Wahnvorstellungen und paranoide Zuständen, bei denen Hypochondrie ebenfalls ein Begleitsymptom darstellen kann. In der Wissenschaft ist man sich nicht immer einig über die Gründe für Hypochondrie und auch nicht über ihre Einordnung als Phänomen an sich. Ist Hypochondrie in einem spezifischen Fall Ursache für ein Symptom oder in einem anderen, auch spezifischen Fall ein Symptom für eine Ursache?

Verschiedene Gruppen zur besseren Unterteilung

Es gibt unterschiedliche Untergruppen die symptomatisch für sich alleine stehen und unter die Oberkategorie Hypochondrie fallen. Ein Beispiel für eine Untergruppe ist die Einbildung von Missbildungen oder gravierenden ästhetischen Makeln. Betroffene gehen manchmal nicht mal mehr aus dem Haus, weil sie sich zu sehr für ihr „entstelltes“ Äußeres schämen. In vielen Fällen ist der Makel oder die Entstellung nicht vorhanden oder sie wird so übertrieben wahrgenommen, dass sie die Einschränkung des Lebens der Betroffenen nicht rechtfertigt. Diese Störung nennt sich Dysmorphophobie. Eine weitere Unterform ist die der Bromosis, die meist mit Zwängen einhergeht.

Dabei denken die Menschen, sie würden einen unerträglichen Geruch ausströmen. Meist gibt es hierbei eine Verlinkung mit Waschzwängen oder selbst eingeführten Mechanismen zur Selbstkontrolle. Die grundsätzliche, übersteigerte Angst sich an einer Krankheit anzustecken heißt Nosophobie. Ein massiv übersteigertes Gesundheitsbewusstsein ist ein Anzeichen dafür. Es gibt darüber hinaus auch die Störung, sich einzubilden, von Parasiten wie Würmern oder Milben befallen zu sein, genannt Parasitosis.

Woran merkt man selbst, dass man an Hypochondrie leidet?

Falls eine Vermutung im Raum steht, dass man selbst, beziehungsweise ein Mensch aus der sozialen Umgebung ein Hypochonder ist, kann man sich anhand der Merkmale orientieren. Auf keinen Fall ersetzt eine Selbst- oder Fremddiagnose, die nicht von Sachverständigen durchgeführt wurde, einen Besuch beim Arzt oder Psychologen.
Wenn man sich zunächst sehr detailliert bis hin zu obsessiv mit seinem Körper auseinandersetzt und regelmäßig bis ständig über alle möglichen Krankheiten grübelt und der Gedanke darüber nicht abstellen kann, ist das zwar auf Dauer nicht förderlich für die mentale Gesundheit, allerdings wird eine Person nach diesen Grundbausteinen erst zum Hypochonder, wenn sie im Verlauf beginnt zu denken, tatsächlich an einer spezifischen Krankheit zu leiden.

Normalerweise wird im Krankheitsfall ein Arzt aufgesucht und nachdem von medizinischer Seite her abgeklärt ist, dass keine real existierende Krankheit vorliegt, aber der Betroffene nicht davon zu überzeugen ist und auf seiner Krankheit besteht, handelt es sich um einen Fall von Hypochondrie.

In der Gesellschaft hat das Einbilden von Krankheiten eine negative Konnotation, diese ist irgendwie in der Interpretation des Alltages voraus, dass die Menschen sich die Krankheit freiwillig einbilden, also nur so tun als ob. Ohne jeden Zweifel handelt es sich beim Krankheitsbild der Hypochondrie allerdings um eine ernst zu nehmende psychische, als solche auch klassifizierte Störung, die der Mensch nicht einfach ablegen kann, weil er die Sache rational überdenkt oder ihm ein Arzt gesagt hat, dass eine Annahme an einer spezifischen Krankheit zu leiden nicht der Wahrheit entspricht. Der Leidensdruck vieler Patienten, die an Hypochondrie erkrankt sind, ist enorm und deshalb ist es wichtig, die Fälle und die Hypochonder nicht als eingebildete Kranke abzutun, sondern in ihrem psychischen Leiden ernst zu nehmen. Meist durch eine Form der Verhaltenstherapie können Verbesserungen erzielt werden.